Voskuil: Plankton
Romantip: Die meisten von uns haben bestimmt schon mal Verbreitungskarten aus dem Atlas der deutschen Volkskunde gesehen,
z.B. die, auf der das Lied „Maikäfer, flieg“ dargestellt ist, in welchem Land der Vater ist, und das dann abbrennt, ist nämlich sehr unterschiedlich. Das niederländische Pendant zum deutschen Atlas heißt Atlas der niederländischen Volkskultur, und dieser Atlas, oder das Amsterdamer Büro, das denselben erstellt, ist der Held der legendären Romanserie „Das Büro“, von der jetzt der dritte Band in deutscher Übersetzung erschienen ist. Anders als beim AdV (wied er deutsche Atlas abgekürzt heißt) brauchen die Kollegen in Amsterdam offenbar keinerlei Vorkenntnisse über Volkskunde oder Feldforschung mitzubringen, und das erlaubt es ihnen, hemmungslos und dilettantisch Unsinn zu treiben und gegeneinander zu intrigieren. Daß trotzdem bei der Arbeit etwas herauskommt, stimmt optimistisch, ist für die Bücher aber egal – ein Lesegenuß über viele hundert Seiten, und es kommen noch weitere Bände. Daß Maarten Konink, die Hauptperson der Romane, zu Kongressen reist und dort Kollegen aus anderen Ländern trifft, macht die Lektüre noch aufregender. Kevin Danaher, Autor irischer Standardwerke, tritt in diesem Band auf, vorher schon konnten wir u. a. dem heißverehrten früheren Leiter des AdV (der in Bonn beheimatet ist) begegnen, dem Erzählforscher Matthias Zender, oder seinem Nachfolger auf dem Bonner Lehrstuhl, dem Niederländer Heinrich Leonard Cox. Der frisch erschienene Band, „Plankton“, geht bis 1975. Da trat Cox in Bonn die Zender-Nachfolge an, und als Assistenten heuerte er Max Matter an, den späteren Leiter des Freiburger Volksliedarchivs. Wir warten in atemloser Spannung auf Band 4. J.J. Voskuil: Plankton, deutsch von Gerd Busse, Verbrecher Verlag, 960 S., 29,90 (GH)