Gorch Fock: Seefahrt ist not!, Input Verlag, 255 S., 15,–, Nachwort von Susanna M. Farkas, www. https://input-verlag.de (GH)
BERÜHMTES BUCH
Gehört von diesem Buch haben die meisten, aber wie viele haben es gelesen? Und der Name des Autors lebt weiter im Namen des vom Unglück verfolgten Segelschulschiffs Gorch Fock. So richtig vom Glück begünstigt war der echte Gorch Fock auch nicht, eine kurze Karriere als niederdeutscher Erfolgsautor, ein auf Hochdeutsch verfasster Bestseller, eben „Seefahrt ist Not“, 1916 in der Schlacht vom Skagerrak mit seinem Schiff versenkt, begraben mit vielen anderen Opfern jenes Gemetzels auf der Schäreninsel Stenholmen.
In der Touristeninfo von Fjällbacka auf dem Festland gibt es Postkarten mit seinem Bildnis zu kaufen, auf der Rückseite steht: „Gorch Fock, der deutsche Nationalskalde“, was vielleicht ein wenig übertrieben ist.
Egal, seinen Roman können wir nun in einer Neuausgabe lesen, und es ist die spannende und ergreifende Geschichte des kleinen Klaus aus Finkenwerder, der wie sein Vater mit dem Ewer ausfahren und fischen will, so weit aufs Meer hinaus wie nur möglich. Es ist auch die Geschichte des alten Finkenwerder mit den Gegensätzen zwischen der armen Geest und der wohlhabenden Marsch. Von einem kargen Geesthof kommt die Mutter des Jungen, die zwar für ihre Verhältnisse reich geheiratet hat, aber durch die ewige Angst um Mann und Sohn fast umkommt, und es ist eine überaus aktuelle Bestandsaufnahme:
Die modernen großen Dampfer fischen das Meer leer, was sollen die Fischer, die keine andere Erwerbsquelle haben, nun machen? Darüber hinaus wird viel gesungen im Buch und an Bord, was die Lektüre fürs FM-Publikum besonders interessant macht. Der arme Gorch Fock wird heute noch oft vage mit den Nazis in Verbindung gebracht.
Das kluge Nachwort erzählt, dass er das nicht verdient hat, sondern, dass sich sein Bruder Rudolf Kinau bei den braunen Machthabern einschleimen wollte. Leider wird nicht genug gesagt, was hat Rudolf genau gemacht, hat er in den Text eingegriffen, umgeschrieben, oder einfach über die Einstellung seines Bruders gelogen?
Allerdings, Gorch Fock würzt sein 1913 erschienenes Buch mit damals üblichen antienglischen Sticheleien. Es spielt aber 1887, als der greise Kaiser Wilhelm die Erinnerung an die Freiheitskriege und damit an die britischen Waffenbrüder von damals lebendig erhielt.
Als die Kronprinzessin eine englische Prinzessin war und ihr Gemahl, der spätere 99-Tage-Kaiser Friedrich III, Queen Victorias innig geliebter Schwiegersohn Fritz – und da ist die Frage, gibt es im Roman noch weitere Anachronismen, die nicht sofort zu erkennen sind? Die man überliest, weil die Handlung viel zu spannend ist?
Das Nachwort, so informativ es ist, ist einwandfrei viel zu kurz, aber das tut dem Leseerlebnis absolut keinen Abbruch.
Gorch Fock: Seefahrt ist not!, Input Verlag, 255 S., 15,–,
Nachwort von Susanna M. Farkas,
www. https://input-verlag.de (GH)