Doris Hermanns: Sand im patriarchalen Getriebe. Zur Geschichte der Frauen-Buch-Bewegung. AvivA Verlag, 271 S., 22,– , www.aviva-verlag.de (GH)

Buch über Buchläden

Ein Buch über die Geschichte der Frauen-Buch-Bewegung? Hochinteressantes Thema, doch auf den ersten Blick weitab von den Interessen des FM? Aber wirklich nur auf den ersten. Allein dieser Satz: „Das Ausgegrenzte einbeziehen zu wollen meint nicht Einordnung, sondern Umwertung“,

(die Verlegerin Ulrike Helmer) zeigt die Richtung an. Sand im patriarchalen Getriebe zu sein, das war (ist, wäre noch immer) ein schönes Ziel, und Sand im Getriebe der herrschenden Ordnung wollte doch auch die Folkbewegung sein.

Die Anfänge und die richtig guten Zeiten beider Bewegungen fallen in dieselbe Zeit, 70er und 80er Jahre, und immer wieder finden wir im Buch Überschneidungen. Die neu entstehenden Frauenverlage veröffentlichen Liederbücher, die in den Frauenbuchläden verkauft wurden, die dazugehörigen Liedermacherinnen traten auf Folkfestivals auf, spielen bei Demos aller Art, nicht nur gegen den Paragraphen 218, sondern z.B. auch gegen Atomkraftwerke

– die Flying Lesbians wären hier zu nennen, Schneewittchen und Carolina Brauckmann. Ein typisches Liederbuch (die Älteren unter uns erinnern sich sicher …) war. „Protest- und Spottlieder für die neue Frauenbewegung zum Haaresträuben“, mit Texten von Caroline Muhr, Gisela Meussling und Inge Latz.

Und LPs gab es auch, wie „Von heute an gibt’s mein Programm“, eine der ersten LPs, die Trikont damals herausgegeben hat. Klar, dass in einem solchen Buch nicht alle Frauenbuchläden jener Zeit aufgezählt werden können, aber es werden Erinnerungen an die längst verschwundenen wach, z.B. „Hälfte des Himmels“ in Hamburg, wo die Rezensentin ihre erste Ausgabe der Musikzeitschrift Troubadoura erstand und erstmals vom heute noch existierenden Frauenmusikverlag Furore erfuhr.

In Frauenbuchläden wurde die monatlich erscheinende Zeitschrift Courage verkauft, die auf ihren aktuellen Seiten über Demos berichtete, Demolieder druckte, aber auch vor einem damals sehr wichtigen Liedermacher warnte (dessen wirklich gute Lieder noch heute überzeugen), da selbiger zwar sehr aktiv in der Anti-AKW-Szene war, aber eben auch als Grabscher bekannt.

Wir sehen, das Buch ist eine Fundgrübe, und interessant und auffällig ist, dass sich Hochzeiten und Niedergang beider Bewegungen ungefähr zur selben Zeit abspielten – dass derzeit aber, wenn wir der Autorin Doris Hermanns glauben dürfen, und das dürfen wir unbesehen, sich neue Anfänge zeigen und sich neues Leben regt. Was auch für die Folkszene zu gelten scheint, und insofern wäre es eine spannende Aufgabe, die hier aufgezeigten Parallelen und Überschneidungen genauer zu untersuchen. Bis es so weit ist, freuen wir uns über dieses Buch!

Doris Hermanns: Sand im patriarchalen Getriebe. Zur Geschichte der Frauen-Buch-Bewegung. AvivA Verlag, 271 S., 22,– , www.aviva-verlag.de (GH)