Ralph McTell im Kulturhaus Lüdenscheid 8.9.2019
Seine Karriere umspannt mehr als fünf Jahrzehnte, unzählige Aufnahmen begleiten seinen musikalischen Weg. Als einziges Konzert in Deutschland war das Kulturhaus Lüdenscheid mit fast 600 Zuschauern restlos ausverkauft, Fans aus allen Teilen des Landes, aber auch aus England und Österreich hatten sich auf den Weg gemacht, die Musiklegende Ralph McTell liev zu erleben. Zu Recht!
Ralph McTell ist wahrscheinlich die ideale Verkörperung dessen, was seit den Siebzigern das Bild eines Folksängers ausmacht: ein freundlicher, ruhiger Mann, der mit angenehmer Stimme und gezupfter Gitarre Erlebnisse und Emotionen in hochpoetische Lieder umsetzt. Es gelang ihm sofort, in dem mit einer vorzüglichen Akustik ausgestatteten Raum eine intime Atmosphäre herzustellen wie bei einem Clubkonzert. Seine teils humorigen Ansagen waren auf den Inhalt des jeweiligen Songs konzentriert, seine volle, warme Stimme gab einem das Gefühl, dass alles schon wieder irgendwie in Ordnung kommen wird. Wie so viele andere orientierte sich der junge Ralph am Gitarrenspiel der US-amerikanischen Blueser wie Reverend Gary Davis, die wiederum mit ihrem Fingerpicking das Ragtime-Pianospiel nachahmten. McTells Spiel auf seiner Gibson wirkte unspektakulär, ist aber ausgefeilt und variantenreich. Dies kam speziell bei der großartigen Umsetzung von Hermann Hesses Siddhartha und einem Solo-Rag zum Ausdruck. Der 74-Jährige setzte sich aber auch für ein paar Lieder an den Konzertflügel, den er ebenso wirkungsvoll zur Begleitung einsetzte. Alle Lieder hatten organisch fließende, eingängige Melodien, in die man sich beim Hören hinein versenken konnte. Ein immer wieder auftauchendes Thema war naturgemäß der Lebens-Rückblick. Wie in jedem großen Liedermacher steckt in Ralph McTell ein Philosoph und Poet. Für ihn scheinen die Ereignisse erst real zu werden, wenn man sie reflektiert und beschreibt – so wie ein Stummfilm erst durch die Kommentierung zum Leben erweckt wird. (Cape Horn). Und selbstverständlich trug der große Songwriter zum Schluss noch seine bekanntesten Stücke vor: „Streets of London“ und „From Clare to Here“, und natürlich wurden beide Lieder sehr textsicher mitgesungen. Mit seiner Zugabe ging McTell gleichzeitig in die Gegenwart und Vergangenheit: der Song von seinem aktuellen Album bezog sich auf das Cover von Bob Dylans LP Freewheelin‘ von 1963 – ein Abbild der jugendlichen Unbeschwertheit. Das Publikum in Lüdenscheid dankte es mit Standing Ovations. Man verließ den Saal mit dem Gefühl, ein ganz besonderes Konzert erlebt zu haben. www.ralphmctell.co.uk Guntmar Feuerstein