The Green Note, London
Aber wir brauchen ja nicht in Deutschland zu bleiben. Die Reise nach Großbritannien ist virtuell noch gut möglich, und wir begeben uns in den hippen Londoner Norden, der für seine kreative Szene berühmt ist. The Green Note in Camden Town ist mehrfach preisgekrönt und hat offenbar einen guten Namen für Veranstaltungen mit akustischer Musik. Die beiden Betreiberinnen wollten ihre geliebte Arbeit wegen Corona nicht einfach einstellen und kreierten die Konzertserie „Virtually Green Note“, in der bereits 70 (!) Veranstaltungen stattgefunden haben. Sie sind auf Facebook und YouTube zu sehen. Termin ist immer Mittwoch und Freitag um 8 Uhr Ortszeit (MEZ: + 1 Std).
Das Besondere ist das Dreier-Format: eingeladen werden jeweils drei Gäste, die immer nacheinander „in the round“ einen Song zum Besten geben und auch miteinander ins Gespräch kommen. Das ist erheblich unterhaltsamer als ein einfaches Wohnzimmerkonzert. Vorgestellt werden sie jeweils von einer Moderatorin, wie es live auch wäre. Oft sind Leute zu Gast, die schon im Green Note aufgetreten sind, auch aus anderen Ländern. Die Künstler/innen werden geschickt zu passenden Trios zusammengestellt, die sich dann über hunderte von Meilen hinweg miteinander austauschen können. Vertreten sind vielfach recht unbekannte Singer/Songwriter, die sich zu entdecken lohnen, aber auch englische Folkstars wie Sam Lee oder Phil Beer. Grade die internationale Kombination ist reizvoll, wobei man zuhörend seine englischen Sprach- und Dialektkenntnisse auffrischt. Man muss nicht live dabei sein, da die etwa zweistündigen Shows aufgezeichnet werden und später noch eine Weile bei Youtube zu finden sind. Die über Paypal eingehenden Spenden werden jeweils geviertelt, so dass auch die Veranstalterinnen einen Anteil bekommen.
Hier steckt offensichtlich eine Menge Planung und auch Herzblut drin. Ohne zahlreiche weltweite Kontakte wäre es kaum möglich, ein solches Format anzubieten. Andererseits brauchen keine Videos aufwendig produziert zu werden wie etwa beim Sang&Klang –Festival (FM 350) oder dem solidarischen Adventskalender (FM 352). Sicher gibt es
weitere gute Beispiele für öffentliche online-Folk-Veranstaltungen. Aber bislang muss man sie mangels einer Übersicht mühsam suchen.
Auch wenn Corona irgendwann vorbei ist, kann ich mir vorstellen, dass manche online-Formate weiter bestehen, weil sie sich bewährt haben. Das Überbrücken von Entfernungen ist ja ein Problem, das bleibt. (küc)